Krieg Poem by Wolfgang Steinmann

Krieg

Zu dem Festgelage, das der Prinz am Abend in seinem Palast hielt, kam auch ein ärmlich gekleideter Mann und warf sich vor ihm auf die Knie. Da sahen die Gäste, dass ihm ein Auge fehlte und ihm das Blut aus der leeren Augenhöhle rann. Und der Prinz frug ihn: „Was ist geschehen? " Und der Mann erwiderte: „Mein Prinz, ich bin nur ein gewöhnlicher Dieb. Heute abend schlief der Mond hinter den Wolken und so ging ich im dunkeln zum Haus des Wucherers, seine Juwelen zu stehlen. Aber ich muss mich geirrt haben und stieg dem Weber durch's Fenster. Wie ich so durch den Raum schlich, fiel ich über den Webstuhl und stach mir das Auge aus. Jetzt bin ich hier, mein Prinz, Sie um Gerechtigkeit zu bitten! "

Da schickte der Prinz nach dem Weber, der bald darauf im Palast erschien. Und es ward beschlossen, ihm ein Auge auszustechen.

„Hochgnädigster Prinz, " sagte der Weber, Ihr habt wohl geurteilt: es ist nur gerecht, dass ich ein Auge geben solle. Aber, bedenket, dass ich zwei Augen brauche, beide Seiten der Linnen auf meinem Webstuhl zu sehen. Doch wohnt mir zur Seite ein Pflasterer, der doch auch zwei Augen hat, die er in seinem Gewerbe nicht nötig hat."

Und so schickte der Prinz nach dem Pflasterer. Und der Pflasterer kam, und man stach ihm ein Auge aus.

Und so ward Gerechtigkeit getan.

(nach Khalil Gibran: War)

This is a translation of the poem War by Kahlil Gibran
Saturday, March 5, 2016
Topic(s) of this poem: injustice,social injustice,war
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