Die Ente Poem by Gotthold Ephraim Lessing

Die Ente

Ente, wahres Bild von mir,
Wahres Bild von meinen Bruedern!
Ente, jetzo schenk ich dir
Auch ein Lied von meinen Liedern.

Oft und oft muss dich der Neid
Zechend auf dem Teiche sehen.
Oft sieht er aus Trunkenheit
Taumelnd dich in Pfuetzen gehen.

Auch ein Tier--o das ist viel!
Haelt den Satz fuer wahr und suesse,
Dass, wer gluecklich leben will,
Fein das Trinken lieben muesse.

Ente, ists nicht die Natur,
Die dich stets zum Teiche treibet?
Ja, sie ists; drum folg ihr nur.
Trinke, bis nichts uebrig bleibet.

Ja, du trinkst und singst dazu.
Neider nennen es zwar schnadern;
Aber, Ente, ich und du
Wollen nicht um Worte hadern.

Wem mein Singen nicht gefaellt,
Mag es immer Schnadern nennen.
Will uns nur die neidsche Welt
Als versuchte Trinker kennen.

Aber, wie bedaur ich dich,
Dass du nur musst Wasser trinken.
Und wie gluecklich schaetz ich mich,
Wenn mir Weine dafuer blinken.

Armes Tier, ergib dich drein.
Lass dich nicht den Neid verfuehren.
Denn des Weins Gebrauch allein
Unterscheidet uns von Tieren.

In der Welt muss Ordnung sein.
Menschen sind von edlern Gaben.
Du trinkst Wasser, und ich Wein:
So will es die Ordnung haben.

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