Die Lange Strasse Poem by Adam Zagajewski

Die Lange Strasse

Eine undankbare Straße - kleine Läden mit Kurzwaren
wie die Wachposten der erfrorenen Armee Napoleons;
Dorfbewohner, in Auslagen und in ihre gespiegelten Gesichter starrend,
die den Blick nicht von den verstaubten Autos wenden;
Die Lange Straße läuft langsam in die Vorstädte
während die Vorstädte aufs Zentrum zustreben.
Gewichtige Trambahnen höhlen diese Straße aus,
Parfümerien ohne jeglichen Geruch schmücken sie,
und nach dem Regen Schmutz statt Manna;
die Straße von Zwergen und Riesen, von quietschenden Fahrrädern,
die Straße von kleinen Städtchen, in einem Zimmer
zusammengepfercht, von nach dem Essen
mit dem Kopf auf dem fleckigen Tischtuch Schlafenden
und von in lange Soutanen verhedderten Klerikern;
die hässlichste Straße - hier wächst die Kohle des Herbstes,
und im August die Langeweile weißer Hitze.

Hier hast du die ersten Jahre verbracht
in der stolzen Renaissance-Stadt,
damals liefst du in Vorlesungen und Militärkunde
in einem zu langen Soldatenmantel -
und jetzt überlegst du, ob du
zur Begeisterung jener Jahre
zurückfinden könntest, ob du es noch könntest,
so nichts zu wissen und so stark zu verlangen,
und so zu warten und leicht einzuschlafen
und so geschickt zu erwachen,
dass du nicht den letzten Traum verscheuchst
trotz des finsteren Dezembermorgens.
Die Lange Straße wie die Geduld.
Eine Straße, lang wie die Flucht vor dem Feuer,
wie das Träumen, das nicht aufhört,
nie.

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