Die Alte Flamme Poem by Wolfgang Steinmann

Die Alte Flamme

Meine alte Flamme, meine liebe Frau!
Erinnerst du dich an die Vogelliste?
Letzten Sommer bin ich einfach raus gefahren
zu unserem Haus in Maine. Es stand immer noch
hoch auf dem Hügel -

An der Türe hängt jetzt
ein roter Maiskolben, sieht echt aus.
The Old Glory mit ihren dreizehn Streifen
hing am Mast. Die Schindeln
waren zinnober-rot, wie ein Schulhaus.

Und drinnen, ein neuer Hausherr,
eine neue Frau, ein neuer Besen!
Antiquitäten von Küste und Land,
Zinnbecher im Schrank,
Gemälde an der Wand.

Eine neue Welt!
Man rennt nicht zum Nachbarn,
den Sheriff anzurufen,
das Taxi nach Bath
und in die Kneipe zum Bier.

Niemand sah, wie der Schatten
deines nebelhaften Liebhabers
sich ans Fenster stahl
und sich den Schal
fester um den Hals band.

Alles Gute den neuen Leuten,
alles Gute der Flagge, dem alten
renovierten Haus auf dem Hügel!
Alles war sauber und leergefegt,
stilechte Möbel, gepflegt.

Alles ist anders - und das ist gut!
Gezittert haben wir und die Zähne gezeigt
als im Schnee vergraben unsere Welt,
geschmort wie die Wespen
in unserem Bücherzelt.

Oh, mein geliebter Schatten, gib
mir wieder deine vertrauten Worte,
lass deine Vernunft auflodern,
die uns die Nächte vertrieb.
In einem Bett entzweit

hörten wir den Streuwagen
den Hügel herauf ächzen -
das rote Licht, und dann blau,
wie es vom Schnee getragen
weisse Flockenfetzen.

(nach Robert Lowell: The Old Flame)

This is a translation of the poem The Old Flame by Robert Lowell
Sunday, March 20, 2016
Topic(s) of this poem: love and dreams,memories
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