Die Wahl Poem by DAIVA ČEPAUSKAITĖ

Die Wahl

ch wähle, mir sogar die Möglichkeit in den Kopf zu setzen,
dass das Leben seine eigene Logik hat."
Wisława Szymborska


Hab mir gewählt den Geburtstag
in der allerbanalsten Jahreszeit,
einen Monat, der ähnelt
dem nassen Jungen der Taube,
mit gebrochenem Schlüsselbein.

Hab mir gewählt den Platz im Sandkasten,
im Obus, im Bett und bei Tisch,
auf den Zeitungsseiten und in den Augen, den Zungen,
in der Koppel von allen, als niemandes Nachbar.

Hab mir gewählt den Blick aus dem Fenster -
ein quadratisches Stillleben mit dem Betrunkenen,
der einen Hund nach sich her zieht (ich glaub, einen Fetzen).

Hab mir gewählt das Kleid - heut ist Feiertag,
hab mir gewählt das Brötchen mit Mohn,

hab mir gewählt den Liebsten: nicht den,
an welchen ihr denkt,

hab mir gewählt die Ostern und Weihnacht,
und für beide je einen Wecker,
um nicht zu verschlafen,

hab mir gewählt die Körpertemperatur,
die Länge der Nägel, die Formel der Zähne,

hab mir gewählt die Qual für 6 Stunden am Tag,
6% vom Glück und Schweinskarbonade,

hab mir gewählt die Flügel, den Schwanz,
die Schuppen, Hufe und Hauer,
ein Werkzeug zur Arbeit und eine Fortpflanzungsweise,

hab mir gewählt die Hymne, das Wappen,
das philosophische Fundament und den unbegründeten Grund,

hab mir gewählt den Glauben, die Hauptsünden,
die nötigen Unterschriften und die Empfehlungen,

hab mir gewählt den Tod: nicht bei Regen,
nicht an einem Donnerstag, nicht auf der Stiege beim Liebsten,
aus Bescheidenheit.

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