(Für Aline)
Monsignor,
Hoch ehrwürdige Eminenz, Bischof Valentin,
Ehedem aus Interamna, jetzt Ferni genannt,
Jetzt wohnhaft im himmlischen Königreich,
Ich grüsse Sie untertänigst,
Und knie vor Ihnen,
Ihren bischöflichen Ring zu küssen.
Der Grund, Monsignor,
Dass ich Sie jetzt belästige,
Ist nicht die tröstende Erinnerung an Ihr heiliges Dasein,
Und auch nicht Ihr wunderbar strahlendes Martyrium,
Sondern es schien mir angebracht,
Ihnen, Monsignor, an Ihrem erlesenen Festtag
Einer alt-ehrwürdigen Sitte gemäss zu berichten,
Dass ich eine wunderbare Frau liebe.
Ihre Augen, Monsignor,
Sind so blau, dass sie einen lieblichen blauen Wiederschein
Auf alles werfen, das sie anschaut,
zum Beispiel die Wand
Oder den Mond
Oder mein Herz.
Es ist, als ob das Licht durch blaue Butzenscheiben käme,
Und doch wieder anders,
Denn das Blau ist nicht durchsichtig,
Sondern durchstrahlt.
Das Feuer ihrer Seele bricht auf
Doch bleibt die Seele selbst unsichtbar.
Sie ist irgendwie unbegreiflich, wunderlich, zart, kindlich, übermütig, weise
Und edel.
Diese Frau, Monsignor, trägt ein blaues Gewand,
So wie man es in Japan sehen kann.
Ganz blau -
Ich glaube, ihre Augen haben es noch blauer gemacht,
Haben es sanfter gefärbt,
Je mehr die Rundungen ihres Körpers ihm Form gaben.
In meiner Liebe, Monsignor,
Liebe ich alles um sie herum;
Doch glaube ich
Selbst wenn ich sie nicht liebte,
So liebte ich doch das Blau ihrer Augen,
Ihr blaues Gewand, so wie man es in Japan sehen kann.
Monsignor,
Nie zuvor habe ich Sie mit meinen Wünschen belästigt.
Die Heiligen, denen ich meist meine Bitten antrage, sind die erhabenste, mütterliche Brigid,
Der unerschütterliche St. Stephen, der mir im Blute brennt,
Und Ihr bischöflicher Bruder, mein Schutzherr,
Der grossmütige, heitere St. Nicholas von Bari.
Doch Ihrem Edelmut, Monsignor,
Trage ich diese Bitte an:
Gehen Sie heute morgen
Zu Ihrem Elfenbeinthron, der mit Rosenblüten bedeckt ist, weil Sie darauf sitzt,
Und kommen Sie an den Punkt, an dem Sie unserer Gottesmutter Ihre Hochachtung erweisen,
Dann sagen Sie, bitte - ich flehe Sie an! -
„Ehrwürdige Mutter, ein armer Poet, der auf Erden Euren Lobpreis singt,
Hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass er Ihnen in diesem Moment dafür danken will,
Dass Sie ein blaues Gewand tragen.'
(nach Joyce Kilmer: A Blue Valentine's)