Körper, beraubt Poem by Antjie Krog

Körper, beraubt

Ich kann dich heut nicht ansehn
nein nicht heute. Mit abgewandtem Blick
mach ich den Haushalt.

Über meinen Körper, der zutiefst erschrocken,
wandert meine Hand hoch
zur Brust und ich hoff aufs Neue
dass dieser Klumpen Lehm da nicht mehr ist
dass meine Hand nur missverstanden hat
dass er verschwunden ist

Der Berg steht
rein gekratzt und durch und durch gebrannt.
Allein vom Berg, von seinem Atem lebe ich.
Ich hab nur diese Fähigkeit. Auf der Seite
windwärts singt gefranstes Licht, auf der
Leeseite, da ist nichts.

Von der Taille aufwärts
Geh ich blind davon aus
ich sei ein Ganzes im Geheimen, ich versuche,

den Aufstand meines Körpers
gegen meinen Körper zu entschärfen. Lass den Klumpen Stein
kalt werden im Nebel, lass
die Fichten wie Regenschirme in
der Prozession sich neigen, lass mein Denken
im Dampf der Sorgen reifen. Aber ich,

ich bin so beschäftigt
heute morgen: sanft beschwatz ich meine Brüste,
sie mögen sich in Schaum auflösen, lass sie
unbefangen dösen, ruhig duftend, dann
spül' ich sie mit Honig, bis sie
leuchten in ihrer Form und dort, wo

die Mammographie ihren
schwärzesten Knoten zeigt, da knete ich Lichtschaum hinein, dort
streichle ich mit der süßesten
Tonart des Atems,
der leichtfüßigen Seligkeit,
dort sickert das Licht ein, so blendend

dass die schwarze Membran
sich vom Blauen beglückt fühlt,
ihre Polypen, die zähflüssig und giftig,
verwässert und auflöst. Sehe
den Rost aus den Brustwarzen bluten
wie Biestmilch. Klar wie ein Peitschenschlag

will ich auf dieser Erde leben.
(spät nachts)
Scheiß drauf. Ich fühle scheiß drauf
auf das Leben im Jenseits - jetzt
will ich leben, hier

will ich leben.

Ein abgedankter Kummer brennt
in meiner Brust und raucht, mein Herz,
das wimmert in den Angeln. Ich will
etwas berühren, etwas in den Armen halten,
die Ganzheit wieder auferwecken, die ich einst besaß.

Ich will wiederkommen mit
meinem Körper, wie er einmal war. Ich bin nicht
ich, ohne meinen Körper
nur durch meinen Körper kann ich
auf dieser Erde wohnen. Meine Seele
ist mein Körper ganz und gar. Mein Körper
verkörpert, was ich bin.
Wend' dich nicht gegen mich, ach du,
verlass mich nicht, niemals. Mach mir hier
bloß nicht schlapp, sack mir nicht ab,
stirb mir nicht weg, lass mich nicht
ohne dein Zeugnis. Ich
habe einen Körper, also bin ich. Spring
in die Bresche für mich -
ja, nur auf dein Geheiß
bin ich der Erde in Liebe verbunden.

Oh plötzlich noch mal jung sein in
meinen Oberarmen und so glatt

auf der Hinterseite meines Kopfes.
Mein Körper glüht in Gänze, meine Ellenbogen
hängen frei mit meinen Sinnen
über meine Haut hinaus. Ich kann nichts tun
als diesen Körper zu besteigen, der
strotzt vor makellosem Glanz

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