Kann sein, wir treten aus uns selbst heraus, vergessen aber meistens, die Tür abzuschließen … Poem by LUIS GARCÍA MONTERO

Kann sein, wir treten aus uns selbst heraus, vergessen aber meistens, die Tür abzuschließen …

Kaum trete ich aus der Haustür,
kommen mir auf den Stufen Zweifel.
Hab ich vergessen
das unermüdliche Licht im Büro
auszuschalten?
Hab ich den Wasserhahn zugemacht?
Mir kommt es vor, als hätte ich versäumt,
den Schlüssel zweimal rumzudrehen.

So ist es auch, wenn ich im Streit fortgehe
und der Fahrstuhl sich mit ungesagten Dingen füllt.
Nun liegen mir auf einmal alle Antworten auf der Zunge.
Später machen mir die zwei Minuten
Donnerwetter Angst.
Ich wurde laut, die anderen verstummten.
Glas zerbrach.

So ist es auch, wenn ich aufbreche von einer Feier
und mir nicht sicher bin, ob ich nicht doch
jemanden vor den Kopf gestoßen habe.
Hab ich mich von der einen verabschiedet? Hätt ich mich
an den andern erinnern müssen?
Haben sie den Scherz verstanden,
den Doppelsinn meiner Worte?
Ist meine Notlüge von Freitag-
abend aufgeflogen?

So ist es auch, wenn ich heraustrete aus mir selbst,
nachdem ich zwischen allen Stühlen gesessen habe,
sogar noch am Küchentisch.
Ich lege die Wäsche neben den Hocker,
hinterlasse ein zerwühltes Bett,
schmutziges Geschirr,
Handtücher auf dem Boden und im Bad
einen beschlagenen Spiegel.
Vor dem steht immer noch der Nackte,
ohne das Fell des Hochstaplers,
der jetzt das Haus verlässt
und die anderen Leute grüßt,
sich einem zuwendet, der ihn beim Namen nennt.

Alles ist seltsam und vertrackt,
wie sich als Luis zu fühlen oder im zweiten Stock
links neben der Nacht zu wohnen.
Oder Spanier zu sein. Oder verliebt.

Kann sein, wir treten aus uns selbst heraus.
Aber ein Licht brennt noch, ein Wasserhahn tropft.
Der Schatten einer unverschlossenen Tür.

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