Die Ästhetik des Wortes Poem by ADAM WIEDEMANN

Die Ästhetik des Wortes

für Krzysztof Siwczyk
und Róża Filipowicz


Dieses Gedicht hier bezieht sich auf das vorhergehende. Die Sonne hat kein Gesicht,
vor allem heute nicht. Das Vorhergehende hat Urlaub genommen,
so konnten wir unsern Arbeitsplatz verlassen, und direkt ins Dunkel blicken.

Auf Arbeit war's gar nicht so schlecht. Nichts zu tun,
also widmeten wir uns dem gesprochenen
Wort. Das ist so einfach: du öffnest

die Lippen und irgendwas kommt raus, und es ist zum wenigsten keine
reine Zunge. Und denk‘ mal, dass so viele herrliche
Kreaturen ganz ohne Worte auskommen, zum Beispiel dieser Mann da,

der Plüschteddys auf den Tischen verteilt und sie dann wieder einsammelt.
Die Verkörperung der Hoffnung auf einen netten Nachmittag
bei einem Gläschen mit was Härterem drin. Ach, die Wörter

nehmen Bedeutung an, und dann... Sieh nur, du siehst aus wie ein müdes Tier.
Paradox gesprochen ist jeder von uns
einem Termitenhügel ähnlich, unsere Bewohner

dürfen sich frei miteinander vermischen, aber nur
in einem begrenzten Umkreis. Begrenzt wovon?
Fragen wir lieber: durch wen, denn wir fühlen uns ja, als wären wir wer.

Und wir fühlen, dass der, der über uns ist, auch jemand ist,
denn wie soll das gehen, sich in der Gewalt eines gewöhnlichen Affen befinden
und zu ihm sagen: du viehische, verkaterte Tomate.

Die Form dieses Gedichts lässt es zu, sogar noch etwas mehr zu sagen.
Ich weiß selbst nicht, wie das ist, wir wären uns ja gern aller Dinge
bewusst, und dann sagen wir: Sorry,

ich war nicht dabei, ich war in der Küche.
Manche Frauen verbringen ja ihr halbes Leben in der Küche,
da braucht man sich nicht zu wundern, dass sie gern alles

von der Küche aus betrachten würden. Eben für sie hat man
all diese nichtexistenten Dinge erfunden, und gar nicht wegen des
freundlichen sexuellen Umgangs, irgendwann.

Von Zeit zu Zeit befiehlt uns jemand,
ihre Hände zu küssen, dann fragen wir uns: Tun die nur so bescheuert?
Küssen können wir einen schönen

Hintern, den behaarten Streifen zwischen den Hinterbacken bewundern,
wenn der denn wirklich schön ist. Manche Hinterbacken
sind schöner als so manche Symphonie. Ich habe irgendwo was darüber

gelesen, sieh an, es gibt also schon was über den Arsch in Versen. Ich fühle
mich zunehmend amüsiert, und, wie Jarek
Górnicki festgestellt hat: Zeigt mir einen, der wirklich der Auffassung ist,

sterblich zu sein. Wir können immer damit rechnen,
dass jemand, den wir lieben werden, noch gar nicht geboren ist:
Nur die Jugend vögelt innerhalb der eigenen Generation.

Aber jetzt fange ich schon an, Sie mit Anekdoten zu unterhalten, während
irgendwo in der Dritten Welt eine wichtige wissenschaftliche
Konferenz läuft, wo es um einen Haufen Kohle geht. Bitte stellen Sie

sich vor: die Elite der Krakauer Professorenschaft während einer
Diskussion mit der Elite der Warschauer Professorenschaft. Solche Dinge
sollten im Kino laufen, zur Erbauung der Prolls,

aber leider wissen die Prolls nicht, was gut ist. Gestern zum Beispiel
habe ich ein Sternburg-Bier getrunken und fand es erst ganz erträglich,
aber dann kotzte ich wie ein Pferd, pardon, eine Katze. Madzia erzählte mal

von einer Katze, die ihre Freundin in den Finger biss und dann krepierte. Du,
Bruder, hast die Mühle bekommen, und ich die Katze. Fakt ist,
dass einige von uns schon als Kinder sterben, das hat mehr

Gewicht als wenn andere aus Überzeugung
in den Knast gehen. Überzeugungen kannst du solche
und solche haben, einige davon bezeichnen wir als verbrecherisch, und genau die

werden meist in Gefängnissen ausgebrütet, deshalb
sollte man die Gefängnisse zumachen und sie alle aufhängen
oder ihnen Elektroschocks verpassen. Der Tod

ist deutlich interessanter als das Rumhängen im Knast, so ähnlich
wie das Schreiben eines Gedichts, viel besser als eine Eingabe. Miez...miez, o Mutter
Gottes, mach, das sich alles zu einem glücklichen Abschluss rundet, schließlich

denken wir doch voneinander immer so gut.

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