Ein Brief An meine Mutter Poem by RAED WAHESH

Ein Brief An meine Mutter

1
Der Soldat, der sein Gewehr auf Penishöhe anlegt,
als wolle er allen Vorübergehenden kundtun:
„Ich werde euch die Ärsche mit Kugeln durchlöchern",
gleicht dem Jungen, der mich am Schultor verprügelt hat,
soll mir womöglich eingeflüstert werden, er ist dieser Junge,
dass ich einen Grund finde, zu dir zu laufen.
Einmal, als ich weinend heimkam, hast du mit mir geweint.

Der Soldat mit seinem aufgestellten Metallpenis aber
verwandelt mich nicht in jenes verängstigte Kind, wie es zu dir lief,
sondern in einen verängstigten Mann, der fragt: Hast selbst du, Angst, eine Mutter?


2
Ich bin einsam, du so Einsame.
Ich bin traurig, du so Traurige.
Ich bin fremd, du so Fremde.
Die Poeme, die Heldengeschichten haben mich belogen, die Lockrufe des Lebens; ich folgte wie von der Hyäne verhext. Vor ihrem Urin hast du mich gewarnt, der selbst die Allerstärksten als Abendessen in einer Höhle enden lässt, ohne zu ahnen, das Leben selbst ist die größte Hyäne.
Jedes Leben fort von Zuhause erniedrigt!


3
Warum hast du, Mutter, keine Mutter?
Eine Mutter in einem abgeschiedenen Haus, mit nur ein paar Hühnern und Hoffnungen, begrenzt auf die Heimkehr der Kinder.
Ich brauche jene Mutter, Mutter, um dir darzulegen: Mein Glück ist in dieser Welt geringer als das eines Huhns!


4
Dieses Café ist nicht mein Café, diese Straße ist nicht meine Straße, diese Freunde sind nicht meine Freunde, diese Angst ist meine.
Ich erinnere mich eines Dichters, der sagte: „Keiner wird mich verstehen außer den Olivenbäumen", und wie er fühle ich, ich führe meine Selbstgespräche in dieser Olivensprache allein.

Auf deinem Schoß
in einer festen Umarmung
werde ich vielleicht schon morgen einen großen Olivenhain pflanzen.


5
Von einem Schatten lernte ich.
Wie es sich abspielte: Der Schatten auf dem Bürgersteig, ganz ohne seinen Menschen. Ein verträumter, ein besorgter Schatten, wer weiß.
Man sammelte sich und ein jeder behauptete, dass der Schatten ihm gehöre, denn herrenlos wecken sie Ansprüche.
„Stell dir vor, du hast zwei Schatten, lässt einen zu Hause als Luxusobjekt und gehst, geschmückt mit dem anderen, aus." So wurde vermutet.
Und keiner begriff, dass dieser hier sich geweigert hatte, seinen Herrn auf der Flucht zu begleiten. Wusste doch das Schattenherz: Ein Land, in dem wir ohne Mutter sind, wird einem Schatten keinen Pass ausstellen.

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